Was einst einen Skandal auslöste, ist heute ein Klassiker, was erotische Literatur anbelangt. Mit seinem „Reigen“ hielt der jüdische Autor Arthur Schnitzler der Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert einen moralischen Spiegel vor. Er holte auf die Bühne, was sich sonst nur, mehr oder weniger verschämt, hinter verschlossenen Türen abspielte.
1862 ins österreichische Kaiserreich geboren, durchlebte Schnitzler mit der fünf Jahre darauf entstandenen k. und k. Doppelmonarchie sowie der späteren „Ersten Republik“ bis zu seinem Tod 1931 drei prägende Zeitepochen. Mit zarten 18 Jahren debütierte der Medizinstudent literarisch mit einem Liebeslied. Gedichte, Erzählungen und ärztliche Fachartikel folgten. Arthur Schnitzler avancierte zu einem der Hauptvertreter auf dem literarischen Sektor der „Wiener Moderne“, die ihre Blütezeit von 1890 bis 1910 hatte. In diese Zeit hinein, nämlich 1896, entstand Schnitzlers Theaterstück „Reigen“.
Erotische Literatur als Zeitbild
Anhand zehn erotischer Dialoge zeichnet der Autor ein Bild von Moralverständnis, von Sehnsucht und Verlangen, von Begierde, Enttäuschung und Liebe. Leichtes, unverbindliches Liebesgeplänkel einerseits und doch kommt auch ein Sehnen nach Geborgenheit und Vertrauen zum Vorschein.
Zehn Personen sind es, die einander paarweise begegnen, sich verbal spielend bis zur beischlafenden Vereinigung treiben und danach wieder trennen. Als literarischen Kunstgriff führt Schnitzler dabei jeweils eine Person jedes Pärchens mit hinein in die nächste Szene, so dass ein kunstvoller Reigen entsteht. Beginnend mit der Dirne und dem Soldaten zieht sich der Bogen über das Stubenmädchen, den jungen Herrn, die Ehefrau, den Ehemann, das süße Mädel, den Dichter, die Schauspielerin sowie den Grafen, der schlussendlich wieder auf die Dirne trifft. Ein Reigen, quer durch alle Gesellschaftsschichten, quer durch menschliche Schwächen und – verbotene – Triebe. Der Beischlaf selbst wird dabei nicht beschrieben, nur die Situationen, die dahin führen und die sich danach ergeben. Doch gerade das ist es, was Schnitzlers Meisterwerk so prickelnd anmuten lässt. Wie es knisternde Atmosphäre verbreitet und die Fantasie ankurbelt – eben erotische Literatur pur.
Klassiker als Theaterskandal
Diese pure Erotik war es aber gleichfalls, die zensiert wurde, so dass das Stück erst 1920 uraufgeführt werden konnte und zwar nicht in Schnitzlers Heimat, sondern in Berlin. In Wien kam es 1921 zur Aufführung. Die „sittliche Entrüstung“ nach diesen Inszenierungen sowie weiteren in anderen Städten, führte schließlich zum „Reigen-Prozess“. Er endete nach fünf Tagen mit Freisprüchen. Weder das Stück noch die Aufführungen wurden als obszön oder anstößig klassifiziert. Für das moderne 1920er-Theater war dies eine wichtige Entscheidung und galt als Präzedenzfall. Trotzdem verhängte Schnitzler danach ein Aufführungsverbot, das bis 1982 gültig war.
Seitdem jedoch hat erotische Literatur ein Paradebeispiel, gilt der „Reigen“ als Klassiker derer schlechthin und erfreut sich im In- wie Ausland großer Beliebtheit.
Ich bin eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin und Wortakrobatin. Meine Reise als Autorin begann in meiner Kindheit, umgeben von Büchern und inspiriert von den unzähligen Welten, die sie enthüllten. Meine Werke sind ein Spiegelbild meiner Fantasie – eine Mischung aus Realität und Traumwelt, in der die Charaktere zum Leben erwachen und Leser auf eine emotionale Achterbahn mitnehmen.